Will man andere dazu motivieren, eine neue Technologie wie die Elektromobilität zu akzeptieren, führt kein Weg an überzeugender Kommunikation vorbei. Die leisten derzeit aber nicht die Fahrzeughändler, sondern vor allem lokale Energieversorger und engagierte Vereine.
Elektroautos werden massentauglich
Ja, es stimmt: Ich bin eine Frau, die Autos liebt. Seit meiner Kindheit ist das Auto für mich der Inbegriff von Freiheit. Denn ich kann mich damit selbstbestimmt an die Orte bewegen, an denen ich gerne sein möchte – wann immer ich will und soweit Staus und Tempolimits das eben zulassen. Kein Wunder also, dass ich jetzt buchstäblich elektrisiert dem leider noch entfernten Tag entgegenfiebere, an dem auch ich endlich ein Elektroauto mein Eigen nennen darf. Denn Düsseldorf-Kaiserswerth – obwohl idyllisch am Rhein gelegen und nicht nur an Wochenenden eine Touristen-Hochburg – ist nach wie vor ein blinder Fleck in puncto öffentlicher Lademöglichkeiten. Anzahl der öffentlichen Ladestationen: Zero. Und wer schon einmal versucht hat, eine einstimmige Genehmigung für die Installation einer Wallbox in einer Gemeinschafts-Tiefgarage zu bekommen, der weiß, wovon ich spreche. Mein Glück, dass ich mich immerhin schon seit einigen Jahren im Kundenauftrag ganz konkret mit der Elektromobilität befassen darf. Seitdem bin ich tief ins Thema eingetaucht und freue ich mich sehr darüber, dass endlich eine alternative Antriebsart eine realistische Chance auf Massentauglichkeit bekommt. Dass es mit Benzin- und Dieselfahrzeugen schließlich nicht so weitergehen konnte, hätte eigentlich schon lange vor dem Diesel-Skandal und „Fridays for Future“ jedem klar sein müssen. Doch weder Erdgas- noch die hochgelobten Wasserstoff-Fahrzeuge, lange Zeit als Zaubermittel für eine klimaneutrale Mobilität gepriesen, konnten sich – zumindest bisher – am Markt durchsetzen.
Engagement aller Beteiligten ist Voraussetzung für Erfolg
So sieht es also derzeit danach aus, als gehöre dem Elektroauto die Zukunft. Nicht zuletzt deshalb, weil sich auch die Bundesregierung inzwischen klar zur Elektromobilität bekennt und den Markt mit Milliarden-Subventionen anschiebt. Das wiederum treibt den Ausbau der Ladeinfrastruktur voran und beflügelt andererseits die Autohersteller, immer mehr und vielfältigere E-Automodelle zu entwickeln. Natürlich liegt noch ein weiter Weg bis zur tatsächlichen Alltags- und Massentauglichkeit von E-Fahrzeugen vor uns, etliche Schwierigkeiten sind zu bewältigen (z. B. weiterer Ausbau der Ladeinfrastruktur, vor allem im ländlichen Raum, Vereinheitlichung der Bezahl-Modalitäten an Ladesäulen/Stichwort: E-Roaming, größere Fahrzeug-Reichweiten, mehr familientaugliche E-Auto-Modelle, Senkung der Elektroauto-Kaufpreise uvm.) Doch ich glaube fest daran, dass diese Hürden mittel- und langfristig genommen werden können, wenn sich alle Beteiligten entsprechend engagieren. Allerdings habe ich in letzter Zeit immer wieder die Erfahrung machen müssen, dass es gerade denjenigen an solchem Engagement mangelt, die eigentlich ein großes Interesse an der Elektromobilität haben sollten: den Autohändlern.
Kunden-Kommunikation im Autohaus: E-Fahrzeug-Kompetenz verzweifelt gesucht
Um im Auftrag unserer Kunden elementares Wissen rund um Elektroautos kommunikativ vermitteln und dabei wichtige technische Zusammenhänge erklären zu können, habe ich inzwischen in etlichen Autohäusern in der Region recherchiert und mir dabei an so manchem Händler und Verkäufer die Zähne ausgebissen. So musste ich lernen, dass man von den meisten Autohändlern (die wenigen löblichen Ausnahmen, die mir bisher begegnet sind, bestätigen die Regel) wenig bis keine (Fach-)Kenntnisse erwarten darf. So wurde ich zum Beispiel bei dem Versuch, nähere technische Informationen zu einem gängigen Elektroauto-Modell zu bekommen, erst im dritten Düsseldorfer Autohaus an einen einigermaßen kompetenten Fahrzeugverkäufer verwiesen, der aber wiederum gar nicht in der Landeshauptstadt, sondern in Neuss arbeitete. Alle anderen Händler, Verkäufer oder Servicemitarbeiter winkten am Telefon gleich ab – kein Know-how, kein Interesse. In einer anderen Stadt in NRW, in der immerhin zwei große VW-Händler ihren Sitz haben, telefonierte ich dem einzigen sachkundigen Verkäufer bei Händler Nr. 1 mehrere Tage lang vergeblich hinterher, bis er sich endlich unwillig auf ein Gespräch mit mir einließ. Auf meine Frage, ob die Lade-Anschlüsse des neuen ID.3, dessen Produktion immerhin vor zwei Wochen im Werk Zwickau öffentlichkeitswirksam angelaufen ist, serienmäßig inbegriffen seien oder als Sonderausstattung extra bezahlt werden müssten, konnte mein Gesprächspartner mir allerdings keine Antwort geben. Unter „Elektrisch beginnt jetzt“, dem neuen Claim von VW, stelle ich mir etwas anderes vor. Sollte man sich als potenzieller Käufer nicht erst gründlich informieren, bevor man sich für einen bestimmten Fahrzeugtyp entscheidet? Schließlich kommt es beim E-Auto viel stärker als bei einem Fahrzeug mit Verbrenner-Motor darauf an, dass die gewählte Auflade-Art (also ob ich an einer öffentlichen Ladestation, privaten Wallbox oder Steckdose lade) technisch einerseits mit dem Lade-Anschluss, andererseits mit dem On-Board-Gerät und schließlich mit dem Akku am bzw. im Fahrzeug selbst zusammenpassen muss, damit elektrische Energie problemlos fließen kann. Die Auswahl eines Elektroautos muss sich also – neben weiteren Faktoren – zwingend an den persönlichen Lade-Möglichkeiten orientieren. Denn was nützt zum Beispiel eine High-End-Wallbox in der Garage, wenn der Fahrzeug-Akku im Elektroauto für die hohe Wallbox-Leistung eigentlich zu klein ist oder das On-Board-Gerät im Auto die eingehende Stromleistung gar nicht verarbeiten kann, weil es auf geringere Leistung hin ausgelegt ist. Wer aber gibt dem Kunden diese Informationen oder unterstützt ihn bei der Konfiguration eines passenden E-Fahrzeugs, wenn nicht der Fahrzeughändler?
Energieversorger füllen Kommunikations- und Service-Lücke
Sollen E-Fahrzeuge in absehbarer Zukunft tatsächlich massentauglich werden, muss sich an der Händler-Kunden-Kommunikation dringend etwas ändern. Zum Glück überbrücken derzeit andere diese Lücke. So hat es sich zum Beispiel der Solinger Verein Klingenstromer (https://www.facebook.com/Klingenstromer) e.V. zur Aufgabe gemacht, die Elektromobilität zum Zweck des Umweltschutzes in der Stadt im Bergischen Land voranzubringen. Während regelmäßiger Treffen tauschen sich die Vereinsmitglieder und andere Interessierte aus und erörtern aktuelle Entwicklungen. Darüber hinaus nehmen viele regionale Energieversorger ihre Rolle als lokale Dienstleister ernst und kommunizieren regelmäßig rund um das Thema Elektromobilität, unter anderem mit Artikeln in ihren Corporate Blogs oder bei öffentlichen Informationsveranstaltungen. Auch wenn es um den Kauf und die Installation einer Wallbox in der heimischen Garage oder im Carport geht, bieten vor allem lokale Stadtwerke komfortable Paket-Lösungen an. Darin inbegriffen ist häufig eine umfassende technische Beratung, Tipps zum Kauf eines passendes E-Fahrzeugs inbegriffen. Das sind Service- und Kommunikations-Leistungen, die viele Autohändler vor Ort offenbar derzeit nicht leisten können oder wollen – obwohl sie paradoxerweise zum Teil selbst Hersteller-eigene Wallboxen verkaufen. Kein Wunder also, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher bei den Paket-Angeboten der Energieversorger gerne zugreifen. Kundennähe und -kommunikation ist nun einmal eine unverzichtbare Voraussetzung für den Markterfolg.